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5. Januar 2021
Redaktion
Traditionsunternehmen

KaWe – ein Garant in der Medizintechnik

Die Fa. KaWe ist ein Traditionsunternehmen mit Kleingeräten für die medizinische Diagnose. Das Unternehmen steht stellvertretend für den deutschen Gründer- und Entwicklergeist in der Medizintechnik. Alte Werte, moderne Technik,so lautet das Fazit der MTD-Redaktion bei einem Besuch der Firma, die von Regina Kirchner-Gottschalk in der vierten Generation geführt wird.
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Foto: KaWe

Familienunternehmen sind auch in der Medizintechnik stabil, solide und zuverlässig. Dies trifft im besonderen Maße auch auf die Kirchner & Wilhelm GmbH & Co. KG, kurz KaWe, in Asperg in der Nähe Stuttgarts zu. „Das Beste fürs Unternehmen und für die Mitarbeiter geben, wie es die Generationen vor mir auch getan haben“, ist ein Leitsatz von Regina Kirchner-Gottschalk. Sie ist seit 34 Jahren im Unternehmen tätig und seit 2006 alleinige geschäftsführende Gesellschafterin.

Doch, „das Beste geben“ geht bei ihr auch mit Richtungswechsel und Expansion einher. Nachdem schon 2003 und 2008 erweitert wurde, konnten 2015 in direkter Nachbarschaft 1.500 qm Fläche erworben und 2017 auch bebaut werden, wobei derzeit nicht die gesamten Räumlichkeiten genutzt werden, sondern für zukünftige Erweiterungen reserviert sind. Investiert wurden 5 Mio. Euro. Insgesamt umfasst die Betriebsfläche nun 5.500 qm.

Einen Wandel gab es bei KaWe aber nicht nur hinsichtlich der Firmengröße. Unter Beibehaltung traditioneller Werte wandelten sich auch die bedienten Märkte und das Spektrum der angebotenen Produkte, wobei man der kleindiagnostischen Medizintechnik grundsätzlich treu blieb. Und über allem steht die Qualität der Produkte des seit nunmehr 130 Jahren existierenden Unternehmens. Ein Verstoß dagegen käme einem Sakrileg gleich. Die Zertifizierung nach DIN EN ISO 13485 ist nur ein Beleg für den Qualitätsanspruch.

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Foto: KaWe
Geschäftsführerin Regina Kirchner-Gottschalk leitet das Unternehmen in der vierten Generation.

Qualität steht im Vordergrund

Die 75 Mitarbeiter entwickeln, produ­zieren und vertreiben Stethoskope, Otoskope, Ophthalmoskope, Dermatoskope, Laryngoskope, Diagnostik-Sets, Blutdruckmessgeräte, Untersuchungsleuchten, diagnostische Instrumente für den Arzt und weitere Produkte. Ein wenig stolz ist Regina Kirchner-Gottschalk schon darauf, dass ihr Unternehmen bei den Stethoskopen einer der ältesten Hersteller in Europa ist.

Ein solch breites Produktportfolio kann natürlich nicht in der gesamten Tiefe selbst produziert werden. „Bei kleinen Produkten und Kleinserien ist es unwirtschaftlich, eine eigene CNC-Dreherei oder Galvanisierung vorzuhalten. In einer globalen Welt wird entwickelt und die Fertigung von Bauteilen nach außen vergeben“, begründet Kirchner-Gottschalk externe Auftragsvergaben.

Dabei ist für KaWe die Globalisierung im positiven Sinne doch auch sehr regional. Die meisten Aufträge für selbst entwickelte Bauteile werden an Spezialisten aus der Region vergeben, wobei KaWe u. a. vom Know-how zahlreicher, lang etablierter Zulieferer profitiert. Doch die Produktentwicklung ist im eigenen Hau­se. Ein Indiz sind die zahlreichen Patente. Ein kleiner Teil des Sortiments ist reine Handelsware.

Bei Forschung und Entwicklung kooperieren die Asperger auch mit externen Organisationen, wie dem Fraunhofer-Institut oder der Technischen Hochschule Ulm. Mit Letzterer wurde z. B. ein Messplatz für die akustischen Frequenzparameter von Stethoskopen gebaut. Dadurch lassen sich Stethoskope für eine treffsichere Diagnose abstimmen.

Durch den Feinschliff werden das gesunde oder kranke Herz, Gefäß-, Lungen- oder Darmgeräusche diagnostisch abgrenzbar. Und die Blutdruckmessung wird noch genauer. Dies resultiert aus der Verwendung der hochwertigen KaWe-Stethoskope, wie z. B. dem Stethoskop Prestige. Für jeden Untersuchungsbereich bietet das Unternehmen das passende Stethoskop an.

Die bestehenden Produkte sind ausgereift. Sprunginnovationen sind bei einem Otoskop oder Laryngoskop natürlich nicht zu erwarten. Aber auch solche Produkte lassen sich weiter optimieren. Vor allem die Lichttechnik machte in den letzten Jahren enorme Fortschritte. Angestrebt ist, dass in allen Produkten nur noch aktuellste LEDs verbaut werden. „Unser Bestreben liegt in der Weiterentwicklung unserer Produkte, sonst herrscht Stillstand“, bemerkt Kirchner-Gottschalk da­zu. Vage deutet sie neue Produkte für 2021 an, lässt sich aber wenig mehr entlocken. Schließlich gibt sie aber doch preis, dass u. a. mit einer neuen, speziellen Untersuchungsleuchte zu rechnen ist.

Märkte und Vertriebswege

KaWe-Produkte sind in Deutschland pri­mär in Arztpraxen im Einsatz. „In 80 Prozent der Arztpraxen ist irgendein KaWe-Produkt zu finden“, betont Kirchner-Gottschalk. Und wer bekommt ein neues Produkt mit als Erstes zu sehen? Kirchner-Gottschalk bringt es auf einen kurzen Nenner: „Wir sind absolut fachhandels­treu!“

Direkt werde nicht vertrieben, viel­mehr mit allen relevanten Fachhändlern. Einschränkend weist sie aber darauf hin, dass die Fachhandelspartner geprüft wer­den. Auf Händler, die nur über den Preis verkaufen, legt sie keinen Wert. Nur Quali­tätshändler mit Kundenservice und Betreuung sollen KaWe-Produkte verkaufen. Zusammengearbeitet wird auch mit den Fachhandelszusammenschlüssen, wobei Kirchner-Wilhelm exemplarisch auf die gute Kooperation mit allen namhaften Händlern in Deutschland verweist.

Deutschland ist zwar ein wichtiger, aber nicht mehr der alleinbeherrschende Markt. 80 Prozent des KaWe-Umsatzes werden durch den weltweiten Vertrieb erzielt. Bei Regina Kirchner-Gottschalks Vater war das Verhältnis noch umgekehrt. Heute dominiert der europäische Markt. Weiter sind Russland und Latein­amerika wichtige Abnehmer. Insgesamt gehen von Asperg Medizinprodukte in 90 Länder der Welt. Auch beim Export arbeitet KaWe mit Vertriebspartnern zusammen; eigene Niederlassungen im Ausland gibt es nicht.

Und wie laufen die Geschäfte? Als solides und seriöses Unternehmen ist KaWe nicht auf den schnellen Euro fixiert. Es geht um den kontinuierlich wachsenden Langzeiterfolg. Nach gut schwäbischer Manier ist Kirchner-Gottschalk aber hinsichtlich der Nennung von Geschäftszahlen sehr zurückhaltend.

KaWe, Corona und MDR

Doch 2020 ist auch für ihr Unternehmen ein Jahr, das völlig aus dem Rahmen fällt. Corona beutelt nicht nur die Gesamtwirtschaft, sondern auch die meisten Medizintechnik-Unternehmen. KaWe ist aufgrund der Produkte einer der wenigen Profiteure in der Branche. „Im zweiten Quartal kam es bei Laryngoskopen, Stethoskopen, Blutdruckmessgeräten und selbst bei Otoskopen und Venenstauern zu Lieferengpässen“, freut sich die Geschäftsführerin.

Auch in Coronazeiten hat der Schutz der Mitarbeiter Priorität. Und auf noch einen Aspekt legt sie Wert: Im Gegensatz zu manch anderen Firmen habe KaWe die Engpässe bei den Produkten nicht für Preiswucher ausgenützt, wobei sie in ers­ter Linie die wie Pilze aus dem Boden geschossenen Branchen-fremden Firmen für Schutzausrüstung brandmarkt.

Die Euphorie über Verkaufserfolge ist aber, wie bei den meisten Medizintechnik-Firmen, durch die Politik, die Behörden und die Bürokratie stark eingebremst. Insbesondere die EU-Medizinprodukte-Verordnung (MDR) macht auch den Aspergern große Sorgen. Zwar arbeitet auch KaWe an Lösungen, so wurde z. B. jede Abteilung auf den Prüfstand gestellt, um Prozesse im Sinne der MDR anzugleichen, viele Probleme sind aber auch für einen Hersteller von Klasse-I-Produkten noch ungelöst.

„Ich kann einfach nicht verstehen, dass man für ein risi­kofreies Produkt, das sich seit vielen Jahren bewährt hat, neue klinische Bewertungen durchführen muss“, bringt es Kirchner-Gottschalk stellvertretend für das Gros der Medizintechnik-KMU auf den Punkt.

Foto: Karolina Grabowska/Pixabay
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