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5. Oktober 2017
Redaktion

Beschaffung und Schnittstellenmanagement im Krankenhaus – Di

(MTD 07/2017)  Die Digitalisierung von Prozessen in jeglicher Hinsicht bietet Krankenhäusern ein potenzielles Einsparpotenzial. Dies wurde in einem Fachforum auf dem Prospitalia-Jahreskongress im April in Stuttgart deutlich.
Digital
Foto: Nmedia/Fotolia
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Friedrich Fleischmann ist Einkaufsleiter des Klinikums St. Marien in Amberg. In seinem Haus läuft der Beschaffungsprozess inzwischen nahezu vollständig digital: von der Bedarfsermittlung über SAP, die Bestellanforderung, die auto­matisch generierte Bestellung und die Vermittlung über die GHX-Plattform bis zum Auftrag an den Lieferanten und die Erfassung der Lieferung inklusive der Rechnungsabwicklung. Fleischmann möchte die zahlreichen Vorteile dieses Datenmanagements in der Materialwirtschaft nicht mehr missen – z. B. die zeitsparende Sachbearbeitung, die hohe Daten­sicherheit mit Vermeidung von Falsch­eingaben bis zur Vermeidung von Fehlbestellungen, verbunden mit Rücksendungen und Reklamationen, die inzwischen gegen null tendieren.
Insgesamt ergeben sich Einsparungen bei den Prozesskosten bei Lieferant und Kunde. Maßgebliches Element dafür ist das Modulsystem im Versorgungskreislauf, wobei das leere der beiden Module über einen Transportwagen im Zentrallager neu bestückt wird. Mittels Barcode-Scanner wird dann die Verbrauchsmenge der jeweiligen Kostenstelle erfasst. 80 Pro­zent der Verbrauchsstellen werden über das Modulsystem versorgt. 15 Prozent sind Durchläufer übers Konsignationslager und 5 Prozent (vor allem Büromate­rial) werden ohne Lagerhaltung just in ­time an die Verbrauchsstelle geliefert.
Dank des Modulsystems würden Kos­ten bei Verbrauch und Prozessen gespart. Außerdem konnte die Menge der verfallenen Artikel, der Reklamationen und der Lieferanten reduziert werden. Artikelsortiment und Lagerbestände könnten zu­dem permanent optimiert werden. Insgesamt ergibt sich, so Fleischmann, für alle Mitarbeiter und Abteilungen eine Entlas­tung etwa von pflegefremden Tätigkeiten. Die Belieferung erfolge zeitnah und biete Bestandssicherheit. Die Verwaltung profitiere wiederum von aussagefähigen Statistiken und könne so das Warensortiment und den Warenbestand den aktuellen Erfordernissen anpassen und entsprechend optimieren.
Der Ärztliche Direktor des Amberger Klinikums, Dr. Harald Hollnberger, nann­te auch einige Eckdaten zu der Einrichtung: So wurden 2016 knapp 67.000 Patienten behandelt, es gibt 568 stationäre Betten und mehr als 1.100 Vollkräfte sind beschäftigt. Ziel der digitalen Dokumentation sei u. a. die Just-in-time-Materialplanung, eine verbesserte Ressourcennutzung und eine höhere medizinische Ergebnisqualität. Neben den positiven Auswirkungen auf die Logistik zeige sich auch die Verknüpfung von Bestellwesen und Endoprothesenregister bei Implantaten als vorteilhaft.

Vor und nach der Digitalisierung

Das Vorher und Nachher in Bezug auf die Digitalisierung der Materiallogistik er­läuterte Michael Bremshey, stellvertretender Wirtschaftsleiter der Katholischen St.-Johannes-Gesellschaft Dortmund. Die Materialwirtschaft der Einrichtung kam 2016 auf ein Einkaufsvolumen von 29 Mio. Euro. Dabei betrug der Lager­bestand lediglich 590.000 Euro. Und weil das Zentrallager mit 426 qm relativ klein ist, ­müsse man die Produkte optimal durchschleusen. 10,5 Vollkräfte wickeln in der Materialwirtschaft jährlich rund 15.000 Bestellungen, 47.500 Wareneingänge und 16.000 Rechnungen ab. Im Portfolio sind 11.000 Artikel erfasst.
Vor der Digitalisierung erfolgte die Mate­riallogistik über Hitlisten, Zweckformbestellzettel, „unleserliche Schmierzettel“, Prospektausschnitte, Zuruf, Telefon usw. Folge waren keine standardisierten Bestandsanforderungen, Fehlbestellungen bzw. Falschlieferungen, Bestellung nach „Gefühl“, hohe Zahlen von Bestellungen, Wareneingängen und Rech­nun­gen. Außerdem mussten Ärzte und Pflegepersonal berufsfremde Tätigkeiten aus­üben. Bremshey bemängelte insgesamt einen hohen Zeitaufwand für den Beschaffungsprozess nach dieser Methodik.
Seit 2012 wurde die Scanner-basierte Materialerfassung pro Fall eingeführt. Bis Ende 2016 waren 80 Lieferanten und mehr als 25.000 Artikelpositionen involviert. Als letzte Abteilung wird der Bereich Augen-OP einbezogen. Gescannt werden alle Implantate, Artikel mit einem Stückpreis über 50 Euro, individuelle und Standard-OP-Sets sowie alle Artikel, die für die jeweilige OP typisch sind (z. B. Trachealkanülen, Biopsiezangen usw.). Als Barcodes werden GTIN/Data Matrix, HIBC sowie hauseigene Barcodes verwendet; diese werden generiert, wenn die auf dem Produkt angebrachten Codes nicht optimal für das System geeignet sind.
Dank der Digitalisierung ist durch zweimaliges Scannen in der Warenannahme sowie im OP bzw. Funktionsbereich für das klinische Personal der gesamte Bestellprozess abgeschlossen. Es bedarf nicht mehr der Schriftform und die Nachlieferung erfolge automatisch. Auch Bremshey verwies auf den Rückgang von Fehlbestellungen und Fehllieferungen. Außerdem seien die Produkte schneller rückverfolgbar. Die Chargen- und Verfallsdokumentation erfolge automatisch. Die Produkte würden während des Eingriffs kontrolliert und der Implantatepass entsprechend leichter erstellt. Insgesamt mache sich eine Kos­ten­trans­parenz ebenso positiv bemerkbar wie die schnelle Verfügbarkeit von Infor­mationen.

Foto: Karolina Grabowska/Pixabay
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