Hilfsmittelbranche positioniert sich
Die zentralen Forderungen:
- Anerkennung als systemrelevanter Versorgungsbereich
- Festschreibung von Leitverträgen für transparente Versorgungsstandards
- effektive Digitalisierung
- Bürokratieabbau in puncto Präqualifizierung
Anerkennung als systemrelevanter Versorgungsbereich
Leistungserbringer benötigen rechtssicheren Zugang zu den ambulanten und stationären medizinischen, Rehabilitations- und Pflegeeinrichtungen sowie zu persönlicher Schutzausrüstung (PSA), Schnelltests, Impfstoff und nicht zuletzt Notbetreuung für die Kinder der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter. Eine ausdrückliche Anerkennung als systemrelevanter Versorgungsbereich auf allen Ebenen des Systems der gesetzlichen Krankenversicherung (GKV) und die Einbindung in Unterstützungsmaßnahmen seien deshalb unabdingbar. Dazu zähle die unbürokratische Übernahme der PSA-Kosten. So wurde zwar mit dem Gesundheitsversorgungs- und Pflegeverbesserungsgesetz (GPVG) geregelt, dass auch in der Hilfsmittelversorgung der Mehraufwand an PSA zu vergüten ist. Allerdings müssten demnach zunächst Verhandlungen mit etwa 100 Krankenkassen geführt werden. Hier brauche es eine praktikable ergänzende Umsetzungsverordnung seitens des Bundesministeriums für Gesundheit (BMG). Zudem sollten Gesundheitshandwerk und Hilfsmittelleistungserbringer künftig in die Strukturen der Selbstverwaltung des Gesundheitswesens eingebunden und wie Ärzte, Krankenkassen und Patientenvertretungen gleichberechtigt an den Entscheidungen über Versorgungsplanung und -gestaltung im Gemeinsamen Bundesausschuss (G-BA) beteiligt werden.
Transparente Versorgungsstandards durch Leitverträge
Trotz Heil- und Hilfsmittelversorgungs- (HHVG) sowie Terminservice- und Versorgungsgesetz (TSVG) nutzten einzelne Krankenkassen die Möglichkeit, nach wie vor Einzelverträge abschließen zu können, um „unzulässige Open-House-Konstruktionen mit Preisdiktat zulasten der Versorgungsqualität durch die Hintertür zu etablieren“. Die Aufsichtsbehörde, das Bundesamt für Soziale Sicherung (BAS), bestätige diese mangelhafte Umsetzung des gesetzgeberischen Willens. Mehr als 1.000 verschiedene Verträge in der Hilfsmittelversorgung sorgten für weitgehende Intransparenz. Dies erschwere den Patienten ihr verbrieftes Recht auf die Wahl des Leistungserbringers und bringe hohen administrativen Aufwand mit sich. „Für eine flächendeckende, wohnortnahe, qualitätsgesicherte, transparente und wirtschaftliche Versorgung unabhängig von Einzelinteressen gilt es deshalb, den Abschluss von Leitverträgen durchzusetzen“, so das Dossier. Damit wären die gesetzlichen Krankenkassen verpflichtet, Vertragsverhandlungen ausschließlich mit den maßgeblichen Spitzenverbänden oder maßgeblichen sonstigen Zusammenschlüssen der Leistungserbringer zu führen.
Effektive und valide Digitalisierung
Die Digitalisierung im Gesundheitswesen werde ohne frühzeitige Einbindung der Hilfsmittelversorgung nur Stückwerk bleiben. Der Referentenentwurf zum Gesetz zur digitalen Modernisierung von Versorgung und Pflege (DVPMG) stelle hier richtige Weichen. Zu den zentralen Bausteinen der neuen digitalen Infrastruktur zählt die elektronische Patientenakte (ePA). Bislang sei die Anbindung aller Leistungserbringer an die elektronische Patientenakte aber nur unzureichend umgesetzt. Gerade vor dem Hintergrund einer interdisziplinären Versorgung sei aber entscheidend, den Lese- und Schreibzugriff auf alle für die Hilfsmittelversorgung relevanten Versicherteninformationen in der ePA gesetzlich zu verankern. Die vielfältigen und mobilen Versorgungsstrukturen seien in der zugrundeliegenden Telematikinfrastruktur (TI) zu berücksichtigen – darunter die wohnortnahe Versorgung, vielfach in der häuslichen Umgebung der Patienten. Hand in Hand damit gehe eine Erstattung der für die Hard- und Software-Erstausrüstung notwendigen Investitionskosten, wie dies im ärztlichen Bereich schon vorgesehen ist. Darüber hinaus seien Versuche zu unterbinden, das Recht der Versicherten auf die freie Wahl des Leistungserbringers auszuhebeln: Das Makelverbot (§ 33 Abs. 6 SGB V und § 7 Abs. 3 Hilfsmittel-Richtlinie) sei auch in digitalen Strukturen durchzusetzen.
Weniger Bürokratie bei der Präqualifizierung
Das Vorgehen der Deutschen Akkreditierungsstelle (DAkkS), der „Aufsicht“ über die Präqualifizierungsstellen (PQ-Stellen) gehe über die gesetzlichen Vorgaben hinaus und schaffe unnötige Bürokratie. So würden zusätzlich zu den Betriebsbegehungen, welche die PQ-Stellen bei Erst- bzw. Folgepräqualifizierung der Leistungserbringer durchführen, weitere Begehungen alle 20 Monate festgesetzt. Diese kosten- und verwaltungsintensive Überwachung überschreite das Maß des Notwendigen. Zudem ist sie weder aus den gesetzlichen Vorschriften noch den entsprechenden Empfehlungen des Spitzenverbands Bund der Krankenkassen (GKV-Spitzenverband) ableitbar. Nötig sei deshalb, die Arbeit der PQ-Stellen wieder auf die gesetzlichen Vorgaben bzw. die Empfehlungen des GKV-Spitzenverbands zu beschränken.