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5. Oktober 2017
Redaktion

GKV-Spitzenverband – Rahmenempfehlungen zur Qualitätsprüfung

(MTD 09/2017)  Der GKV-Spitzenverband legte Rahmenempfehlungen zur Überprüfung der Leistungen in der Hilfsmittelversorgung vor. Die Prüfungen durch die Krankenkassen beziehen sich auf die vertraglichen Pflichten, auf Aufzahlungen, die Qualität und auf Abrechnungsbetrug. Impliziert sind Instrumente zur Erkennung von Auffälligkeiten.

Mit dem Heil- und Hilfsmittelversorgungsgesetz (HHVG) sollte im SGB V die Qualität der Hilfsmittelversorgung verbessert werden. Unter anderem müssen die Leistungserbringer die Versicherten beraten. Diese Beratungen und ggf. auch Aufzahlungen müssen dokumentiert und der Krankenkasse zur Verfügung gestellt werden. Die Krankenkassen sind verpflichtet, die Einhaltung der vertraglichen und gesetzlichen Pflichten der Leis­tungserbringer durch Auffälligkeits- und Stichprobenprüfungen zu überwachen.
Zur Durchführung der Überwachung muss­te der GKV-Spitzenverband bis 30. Juni 2017 Rahmenempfehlungen zu Auffälligkeits- und Stichprobenprüfungen erstellen. Am 26. Juni wurden die „Rahmenempfehlungen des GKV-Spitzenverbandes zur Sicherung der Qualität in der Hilfsmittelversorgung gemäß § 127 Abs. 5 b SGB V“ mit Anlagen auf 17 Seiten veröffentlicht. Erfasst sind auch die Pflegehilfsmittel. Im Folgenden sind die Rege­lungen zusammengefasst.
In der Präambel der Rahmenempfehlungen weist der GKV-Spitzenverband darauf hin, dass durch die Prüfungen Transparenz geschaffen werden soll, um die Ursachen von Versorgungsdefiziten und unverhältnismäßig viele oder hohe Aufzahlungen zu erkennen und dadurch Qualitätssicherungsmaßnahmen zu ermöglichen. Die Kassen haben auch sicherzustellen, dass Gesetzes- und Vertragsverstöße der Leistungserbringer geahndet werden und bei schwerwiegenden Verstößen die zuständige Präqualifizierungsstelle eingebunden wird. Den Kassen empfiehlt der GKV-Spitzenverband die Entwicklung von Strategien für die Prüfungen.
Grundlage für die Überprüfung der vertraglichen Verpflichtungen und der Qualität sind die Verträge und Leistungsbeschreibungen. Deshalb sollten die Leis­tungen und Qualitätsanforderungen eindeutig und differenziert beschrieben wer­den. Der Prüfumfang kann beispielsweise

  • mehrere Verträge umfassen,
  • sich auf einen gesamten Vertrag erstrecken,
  • einzelne Produktgruppen des Hilfsmittelverzeichnisses umfassen oder
  • Produktbereiche (z. B. Reha-Bereich, aufsaugende Inkontinenzversorgung) betreffen,
  • sich auf einzelne Leistungserbringer oder Leistungserbringergruppen beziehen oder
  • sich am Kontenrahmen für die Träger der gesetzlichen Krankenversicherung bzw. der sozialen Pflegeversicherung orientieren.

Anlässe für Prüfungen

Es gibt verschiedene Anlässe und Auffälligkeiten für Prüfungen. Genannt werden Beschwerden von Versicherten und IT-gestützte Datenauswertungen bzw. Plausibilitätsauswertungen, um Auffälligkeiten zu identifizieren. Die Daten können sich auf Abrechnungsdaten, die abgerechneten Mehrkosten, Genehmigungsdaten oder Daten aus Kostenvoranschlägen beziehen. Die Auswertung kann als Vollerhebung oder durch Stichproben durchgeführt werden. Prüfzeiträume sind zu definieren.

Auswertung Dokumente und Überwachungsinstrumente

Ausgewertet werden können die Dokumentationen bzw. Versicherten-Bestätigungen über durchgeführte Versichertenberatungen, um festzustellen, ob der Leis­tungserbringer seiner Beratungspflicht nachgekommen ist. Diese Auswertung kann Grundlage für weitere Auffälligkeits­prüfungen sein.
Weiter können leistungserbringerbezogene Daten ohne Versichertenbezug, wie Sozialdaten oder einrichtungsbezogene Informationen, herangezogen werden. Leistungserbringerbezogene Informationen sind:

  • Lieferzeiten
  • Qualifikationen des mit der Versorgung und Beratung betrauten Personals
  • Zahl der durchgeführten Beratungen
  • Zahl der durchgeführten Hausbesuche
  • Bezeichnung (ggf. Hilfsmittel-Positi­onsnummer) und Anzahl der aufzahlungsfrei angebotenen Hilfsmittel
  • Bezeichnung (ggf. Hilfsmittel-Positi­-o­nsnummer) und Anzahl der abgegebenen Hilfsmittel
  • Ausmaß und Zahl von Reparaturen

Zur Klärung von Sachverhalten können Vor-Ort-Besuche bei den Leistungserbringern gemäß den vertraglichen Regelungen stattfinden, zum Beispiel Lagerbegehungen.
Die Auswertung personenbezogener Auskünfte und Unterlagen umfasst die personenbezogene Dokumentation über den Verlauf der Versorgung und den Inhalt der Beratungen einzelner Versicherter aufgrund der Dokumentation des Leis­tungserbringers. Dazu muss die Kran­kenkasse aber die Einwilligung des Versicherten einholen.
Schließlich kann auch ein Abgleich von Abrechnungsunterlagen Auffälligkeiten als Grundlage für Stichprobenprüfungen an den Tag bringen.
Weitere Überwachungsinstrumente, die der Krankenkasse zur Verfügung stehen, sind die Evaluation des Versorgungsprozesses durch Testkäufe, telefonische oder schriftliche Versichertenbefragungen und die Einbindung der Medizinischen Dienste.
Die Bewertungen der Medizinischen Dienste zur Erforderlichkeit der Hilfsmittel eignen sich als Grundlage für Qualitätsprüfungen. Beispielsweise können die Hinweise der Medizinischen Dienste zum medizinisch erforderlichen Versorgungsumfang mit den beantragten Positionen in den Kostenvoranschlägen der Leistungserbringer abgeglichen werden. Starke oder häufige Abweichungen können eine Auffälligkeit darstellen. Auch kann die Evaluation durchgeführter Hilfsmittelversorgungen durch die Medizinischen Dienste die Qualitätsprüfungen der Krankenkassen unterstützen.

Stichprobenprüfungen

Die genannten Überwachungsinstrumente können als Stichprobenprüfungen durchgeführt werden. Sie können sich auf eine zu definierende Grundgesamtheit beziehen, wie z. B. alle Leis­tungser­brin­ger oder Leistungserbringer eines bestimmten Produktbereichs, bestimmte Produkt­bereiche/-gruppen oder bestimmte Versichertenkreise. Stichprobenprüfungen sollten insbesondere durch­geführt werden bei:

  • gravierenden Auffälligkeiten in den Produktbereichen oder bei bestimmten Leistungserbringern
  • Hilfsmittelversorgungen mit hohem Dienstleistungsanteil
  • hohen Abgabefrequenzen oder hohen Ausgaben
  • Versorgungen mit häufigen oder hohen Mehrkosten
  • Versorgungen auf Basis von Ausschreibungsverträgen

Indikatoren für Auffälligkeiten

Auffälligkeiten sind bei der Auswertung der Daten nach § 302 SGB V in folgenden Fällen anzunehmen:

  • Abrechnung von Leistungen für vor der Leistungserbringung verstorbene Versicherte
  • Abrechnung von Leistungen, die nicht mit dem Vertragsinhalt übereinstimmen
  • eine überdurchschnittlich hohe Reparaturquote
  • Abrechnung von nicht plausiblen Repa­raturkonstellationen
  • Abrechnung von nicht plausiblen Zubehörpositionen, Zusätzen oder Zurichtungen
  • Abrechnung von Zubehörpositionen, Zusätzen oder Zurichtungen, die bereits in der Grundposition des Hilfsmittels enthalten sind
  • überdurchschnittlich häufige Abrechnung von vergleichsweise hochpreisigen Hilfsmitteln (z. B. Maßanfertigungen)
  • Abweichungen vom Kostenvoranschlag
  • Doppelabrechnung von Leistungen oder Pauschalen
  • hohe Absetzungsquote bei der Abrechnung
  • Datum der Hilfsmittelversorgung liegt zeitlich vor dem Ausstellungsdatum der ärztlichen Verordnung
  • auffällige Korrelation zwischen bestimmten Verordnern und Leistungserbringern
  • vergleichsweise häufige vorzeitige Wiederversorgungen
  • unverhältnismäßige Fallzahlentwicklung/Mengenausweitung bei bestimmten Lestungserbringern
  • überdurchschnittlich häufiger Abschluss von Mehrkostenvereinbarungen im Vergleich zu anderen Vertragspartnern in demselben Versorgungssegment
  • überdurchschnittlich hohe Mehrkos­ten im Vergleich zu anderen Vertragspartnern in demselben Versorgungssegment

Auffälligkeiten bei der Auswertung von Dokumentationen und Unterlagen sind:

  • Abweichungen der Abrechnungsdaten von den rechnungsbegründenden Unterlagen
  • häufige Fehler in den rechnungsbegründenden Unterlagen
  • Unregelmäßigkeiten in den Kostenvoranschlägen (unverhältnismäßig viele Rechenfehler, Aufführen von Leistungen, die das Maß des Notwendigen übersteigen, unbegründete Leis­tungen)
  • Auffälligkeiten in der Dokumentation über die Beratung der Versicherten
  • nicht oder unzureichend vertragskonforme Erfüllung der im Vertrag konkretisierten Dokumentations- und Auskunftspflichten
  • Korrekturen oder Veränderung der Verordnungs- oder Empfangsdaten
  • auffällige Empfangsbestätigungen (z. B. ähnliche Unterschrift in vielen Empfangsbestätigungen, Empfangsbestätigungen i. A.)

Als sonstige Auffälligkeiten nennt der GKV-Spitzenverband:

  • Beschwerden von Versicherten in bestimmten Versorgungsbereichen oder über bestimmte Leistungserbringer
  • Anzeigen und (anonyme) Hinweise von Dritten über Qualitätsmängel und Fehlverhalten
  • Hinweise über Qualitätsmängel oder übermäßige Aufzahlungen von Interessenvertretungen der Patienten oder aus Hilfsmittelforen
  • Hinweise über Qualitätsmängel, die sich bei der Abnahme der Hilfsmittel durch Vertragsärzte gezeigt haben (fehlerhafte Anpassung, Abweichung von der ärztlichen Verordnung)
  • Hinweise über Qualitätsmängel bei der Begutachtung durch die Medizinischen DiensteAnfragen oder
  • Hinweise der Landes­ärztekammern oder der Kassenärztlichen Vereinigungen oder der Stellen zur Bekämpfung von Fehlverhalten im Gesundheitswesen

Die Rahmenempfehlungen des GKV-Spitzenverbandes können MTD-Abonnenten in der Rubrik „Exklusiv“ abrufen.

Foto: Karolina Grabowska/Pixabay
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