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29. März 2022
Redaktion
Medizinprodukte-Einkauf in Kliniken

Nachhaltig ist Trumpf

Die Jugendbewegung „Fridays for future“ macht’s vor, die Berliner Ampelkoalition zieht nach: An Klimaschutz und nachhaltigem Wirtschaften führt im persönlichen, wirtschaftlichen und institutionellen Alltag kein Weg mehr vorbei. Somit ist es kein Wunder, dass das Thema auch in den Beschaffungsmarkt von Kliniken schwappt. Wie nachhaltiges Einkaufen und Wirtschaften hier funktionieren kann, zeigte der erste ZUKE Green Health Kongress Ende November.
Foto: Angelika Bentin/Fotolia

Der Online-Kongress richtete sich u. a. an Krankenhäuser, Medtech-Branche, Einkaufsgemeinschaften und Handel. Schwerpunktthemen waren Kreislaufwirtschaft, Sorgfaltspflichtengesetz, klimarelevante Warengruppen und Lösungen, Klimaschutzgesetz und CO 2 -Bilanzierung sowie Innovation. In Best-Practices-Referaten zeigten Kliniken ihre ersten Erfolgsprojekte aus dem Bereich Nachhaltigkeit und Unternehmen ihre Lösungen für mehr Nachhaltigkeit. Mehr als 300 Teilnehmer hatten sich nach offizieller Zählung angemeldet. In den Plenen waren meist an die 120 zeitgleich dabei.

 

Schlüsselbegriff „Sustainable“

Ein Begriff tauchte dabei immer wieder auf: „sustainable“ – „nachhaltig“ oder „umweltverträglich“ sind deutsche Synonyme dafür. Doch wie erkennt ein Kunde einen nachhaltigen Lieferanten und nachhaltig hergestellte und transportierte Produkte? Oder wie können Hersteller wiederum verdeutlichen, dass sie nachhaltig produzieren? Eine Lösung zeigte Jan Bussiek von der B2B-Plattform Unite auf, die mit ihrem Marktplatz Mercateo groß wurde. Nachhaltig beschrieb er als Zusammenspiel von drei Aspekten (sog. ESG-Kriterien Environment, Social, Governance): Sozialverträglichkeit (z. B. faire Löhne in der Lieferkette), Umweltverträglichkeit (z. B. klimaneutral) und Redlichkeit (z. B. fairer Wettbewerb).

Unite sei eine Plattform für die Beschaffung „indirekter Bedarfe“, also von Produkten, die nicht in die Hauptprodukte/Erzeugnisse des jeweiligen Unternehmens (z. B. Autoteile) einfließen, sondern für die allgemeine Tätigkeit des Unternehmens wichtig seien (z. B. Bürobedarf). Nutzer haben in Deutschland Zugriff auf rund 150 Mio. Angebote zu über 25 Mio. Artikeln. Hunderte vorintegrierter Kataloge und Anbieter seien freischaltbar. Aus den jeweiligen Katalogen kann man direkt bestellen.

Europaweit vermittle die Plattform ein Umsatzvolumen von 400 Mio. Euro. In 14 Ländern seien 1.200 Anbieter und 300 Mio. Artikel eingebunden. Über 100.000 Unternehmen bestellen und könnten über Unite auf 50 standardisiert verbundene Partnersysteme zugreifen. International habe Mercateo ca. 700 Beschäftigte.

Nachhaltigkeit als Auswahlkriterium
Alle Lieferanten haben sich zum Einhalten eines Verhaltenskodexes verpflichtet. Jeder einzelne werde qualifiziert und jährlich bewertet. Seit kurzem müssten sie zudem jährlich eine Selbstauskunft zu Nachhaltigkeitsaspekten geben. Das fließe auch in den Selektionspunkt „Sustainable Choice“ bei der Plattform ein. Unite nehme seinen Nutzern die Arbeit ab, die Nachhaltigkeit der Lieferanten selber zu bewerten. Das umfasse den gesamten Kreislauf des Produkts – von der Rohstoffproduktion über die Herstellung, den Transport und Handel, die Nutzungsphase bis hin zur fachgerechten Entsorgung des Gerätes bzw. dem Recyc­ling einzelner Komponenten.

In die Nachhaltigkeitsbewertung fließen Aspekte ein wie Energieeffizienz, Ecolabels, Garantiedauer. Nach einem Kriterienkatalog werden diese von Unite in die drei Kategorien Basic, Better und Best eingeteilt. Artikel, die diese jeweiligen Bedingungen erfüllen, werden über die Auswahl „Sustainable Choice“ angezeigt. Auch die Wahl von wiederaufbereiteten Produkten ist möglich.
Die Anbieter müssten die ESG-Kriterien erfüllen. Der von Beratern erarbeitete Katalog gehe an die Anbieter, die sich bei Unite bewerben. Die Antworten aus dem 20-seitigen Fragebogen münden dann in die Nachhaltigkeitsbewertung.

Lieferanten und eigenes Team für Nachhaltigkeit begeistern
Vorsätze und Ziele sind gut, doch wie lassen sich Lieferanten und Klinikmitarbeiter für nachhaltigen Einkauf begeistern? Das erarbeiteten Yvonne Jamal und Steffi Kirchberger vom Jaro-Institut in einem interaktiven Workshop mit Teilnehmern des ZUKE Green. Das Institut für Nachhaltigkeit und Digitalisierung aus Berlin hat sich die Förderung von nachhaltigem Handeln als Standard für die Wirtschaft auf die Fahne geschrieben.

Die Referentinnen beschrieben ein Modell für die ersten Schritte in einem nachhaltigen Beschaffungsprozess. Dies lässt sich auf Einrichtungen und Unternehmen jeder Art übertragen. Zunächst gelte es, die Unterstützung des Top-Managements einzuholen und Kollegen einzubeziehen. Zu definieren sei, welche Warengruppen betrachtet und welche Ziele erreicht werden sollen.

Dann sollten Beschaffungsprozesse um nachhaltige Aspekte erweitert werden. Im nächsten Schritt werde die Lieferkette aktiv eingebunden. Dies könne dadurch geschehen, dass nachhaltige und transparente Kriterien für die Lieferantenauswahl und -bewertung festgelegt werden. Die Lieferanten und deren Vorlieferanten sollten für eine faire Zusammenarbeit einbezogen werden. Im Rahmen einer Erfolgskontrolle müsse auch über die Wirksamkeit der Maßnahmen berichtet werden.

Die Referentinnen ermutigten die Teilnehmer, nicht aufzugeben, wenn die Lieferanten nicht sofort aufs Thema Nachhaltigkeit einsteigen. Gleichwohl könne man sie z. B. bei einem Lieferantentag einladen, ihre Nachhaltigkeitsprojekte zu präsentieren. Auch bereits existierende umweltfreundliche Produkte sollten erklärt werden.

Nachhaltig müsse dabei nicht gleich „teuer“ sein. Vielmehr könnten Folgekosten, Wiederverwendbarkeit und Kosteneffizienz im gesamten Lebenszyklus eines Produktes betrachtet werden. Im Workshop wurde auch darauf hingewiesen, Einkaufsgemeinschaften in diese Diskussion einzubeziehen.

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Foto: Karolina Grabowska/Pixabay
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