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16. November 2017
Redaktion

Ärzte verweigern Investitionen

(10/2017) Die wirtschaftliche Lage in Arztpraxen ist stabil, aber bei Investitionen herrscht Zurückhaltung. Dies ist eines der Ergebnisse einer im August 2017 veröffentlichten Vorab-Analyse des Zentralinstituts für die kassenärztliche Versorgung (Zi) auf Grundlage einer Befragung von über 4.300 Arztpraxen zum Jahr 2015. Eine zweite Befragung bestätigt diese Ergebnisse und offenbart Investitionsdefizite vor allem in der Medizintechnik.

Im Jahr 2015 stiegen die Gesamteinnahmen der Arztpraxen um 2,4 Prozent auf 312.300 Euro, davon 74,9 Prozent GKV-Umsatz. Einzelpraxen kamen dabei auf einen durchschnittlichen Gesamtumsatz in Höhe von 276.400 Euro, während Gemeinschaftspraxen bei 378.400 Euro lagen. Zwischen 2012 und 2015 legte der Ge­samt­umsatz aller Praxen um 10,2 Prozent zu.
Der Jahresüberschuss in den Arztpraxen stieg gegenüber 2014 um 2,1 Prozent und gegenüber 2012 um 11,3 Prozent auf durchschnittlich 160.820 Euro. Allerdings müssen hiervon die Beiträge für Alters­vorsorge, Kranken- und Pflegeversicherung sowie die Einkommenssteuer abgezogen werden, sodass laut Zi ein ver­füg­bares Nettoeinkommen von 80.295 Euro übrig blieb.
Die Gesamtaufwendungen stiegen zwi­schen 2014 und 2015 um 2,8 Prozent und seit 2012 um 9 Prozent auf 151.500 Euro. Dabei haben die Personalkosten pro­zentual mit einem Anstieg von 5,5 bzw. 18,1 Pro­zent gegenüber 2012 auf 78.600 Euro mit am stärksten zugelegt. Für Mate­rial und Labor gaben die Praxen durchschnittlich 9.200 Euro aus, was ein Plus von 0,8 Prozent gegenüber 2014 und einen Zuwachs von 2,9 Prozent gegen­über 2012 bedeutet.
Bei der Investition in neue Geräte sind die Praxisinhaber eher zurückhaltend. Die Werte für Abschreibungen sanken im Jahr 2015 im Verhältnis zu 2014 um 5,9 Prozent auf 9.400 Euro. Mit Blick auf das Jahr 2012 sanken die Abschreibungen insgesamt um 14,4 Prozent. Dies lässt vermuten, dass die Neuanschaffung von Geräten eher vermieden wird.
Die Aufwendungen für Leasing und Mieten von Geräten waren im Verhältnis zum Jahr 2014 ebenso mit 3,6 Prozent auf 2.200 Euro rückläufig. Zieht man den Vergleich zum Jahr 2012, kam es zu einem Rückgang der Aufwendungen um 4,6 Pro­zent. Dazu passt, dass mehr in Wartung und Instandhaltung investiert wird. Hier kam es 2015 zu einem Ausgabenplus von 3,4 Prozent im Vergleich zum Jahr 2014 auf 4.400 Euro. Fasst man den Zeitraum bis 2012, wurden sogar 19,5 Prozent mehr darin investiert.
Mit der Befragung im Rahmen des Zi-Praxis-Panels (ZiPP) dokumentiert das Zi jährlich die Kosten, Einnahmen und Überschüsse von Praxen. Die jetzt veröffentlichten Ergebnisse umfassen die Jahre 2012 bis 2015, mit Angaben von Praxen aus allen ärztlichen Fachgebieten. Die Ergebnisse beruhen auf Angaben, die von Steuerberatern der Teilnehmer testiert sind. Das ZiPP will damit Transparenz über die wirtschaftliche Lage der niedergelassenen Ärzte und Psychotherapeuten schaffen. Die Studie erfolgt im Auftrag von der Kassenärztlichen Bundesvereinigung und den Kassenärztlichen Vereinigungen.

Viel Investitionsbedarf in der Medizintechnik

Die auf steuerlichen Grundlagen basierende Feststellung der zu geringen Inves­titionen wird durch die Selbsteinschätzung der Ärzte bestätigt. Zu diesem Ergebnis kommt eine zweite, gemeinsam mit der Universität Bayreuth durchgeführte Umfrage des Zentralinstituts für die kassenärztliche Versorgung (Zi), an der bundesweit knapp 900 Ärzte aus 26 Fachgebieten teilgenommen haben. Die befragten Ärzte sind sich bewusst, dass sie deutlich weniger investieren, als nach eigener Einschätzung notwendig wäre. Allein für Medizingeräte, IT und EDV sehen die Vertragsärzte im Jahre 2017 einen offenen Investitionsbedarf von 15.000 Euro je Praxis – 10.000 Euro für Medizingeräte, 5.000 Euro für IT und EDV.
Die offenen Investitionen verteilen sich allerdings ungleichmäßig. Je nach Praxis und fachlichem Zuschnitt liegt der nicht umgesetzte Investitionsbedarf auch deut­lich darüber. Internistisch tätige Arztpraxen gaben etwa an, 27.500 Euro an offenen Investitionen bei Medizingeräten zu haben und 10.000 Euro bei IT und EDV. Die anderen Fachärzte haben im Median offene Investitionen bei Medi­zingeräten in Höhe von 15.000 Euro und bei IT und EDV von 5.000 Euro. Bei den Hausärzten sind es sowohl bei Medizingeräten und IT/EDV gleichermaßen 5.000 Euro. Hinzu kommen weitere Bereiche, in die nicht oder zurückhaltend investiert wird, wie 1. B. in die Praxiseinrichtung.
Im Rahmen der Untersuchung wurde unter anderem nach den vergangenen drei Jahren und der Prognose für die nächsten drei Jahre gefragt. Nur 63,3 Prozent der Ärzte konnten in den letzten drei Jahren ihre Investitionsvorhaben umsetzen. Dabei haben die Hausärzte mehr geplante Investitionen umgesetzt als die stärker technisierten Fachärzte. Bei der Prognose für die nächsten drei Jahre gehen nur schwache 56,1 Prozent davon aus, dass sie alle Investitionsvorhaben realisieren können. Und wieder sind es die Hausärzte, die optimistischer sind als die Fachärzte.
Und wenn investiert wird, dann sind vor allem folgende fünf Gründe als Inves­titionsziele ausschlaggebend: Steigerung der Arbeitszufriedenheit (55,3 %), Steigerung der Behandlungsqualität (48,9 %), Ersatzinvestitionen (47,8 %), Einhaltung von Gesetzen und Richtlinien (41,3 %) und Steigerung der Patientenzufriedenheit (36,5 %).
In seiner Bewertung hält das Zi es für besorgniserregend, wenn die Ärzte seit Jahren weniger in die eigene Praxis inves­tieren, als fachlich erforderlich ist. Ursächlich ist ein von Bedenken geprägtes Investitionsumfeld. Fast 60 Prozent der Ärzte gaben an, dass sie die Honorarentwicklung als zu unsicher ansehen. Auf Platz 2 der Investitionsbremsen stehen jährlich variierende Steuerzahlungen. Hinzu kommen unzureichende Prognosen der Behandlungspotenziale und Sorgen vor Wettbewerbsnachteilen sowie einer unsicheren Praxisnachfolge.

Foto: Karolina Grabowska/Pixabay
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